Text als Ereignis

Internationale Tagung an der Ruhr-Universität Bochum vom 2.–4. Juni 2016

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Die Rede vom ,Ereignis‘ enthält vielfache Konnotationen: die der Flüchtigkeit und Unwiederholbarkeit, die des Kontingenten und Überraschenden, die des Einschneidenden und Epochemachenden, auch die des Neuen und Spektakulären. Zäsur, Epiphanie, Erscheinung, Konversion, Wunder, Unterbrechung, Schock, Zwischenfall, Unfall oder Revolution sind Begriffe, die sich mit dem des Ereignisses teils berühren, teils überschneiden. In seiner Komplexität bietet der Ereignisbegriff für die Literaturwissenschaft ein noch ungenutztes Potential. Er erlaubt zum einen vertiefte Einblicke in das Funktionieren literarischer Evolution. Zum anderen ermöglicht er es, die in diesem Zusammenhang relevanten Modi einer auf den gegenwärtigen Augenblick bezogenen Selbstpräsentation, wie sie insbesondere moderne literarische Texte auszeichnen, angemessener zu verstehen und zu beschreiben.

Die Tagung „Text als Ereignis“ wird den Versuch unternehmen, die Kategorie des Ereignishaften in der Literatur nicht nur im Blick auf historische Verläufe, sondern auch aus produktions- und wirkungsästhetischer Perspektive zu fokussieren. Es sollen die vielfältigen Strategien beschrieben werden, mit deren Hilfe Schriftsteller versuchen, Ereignishaftigkeit in bzw. mit literarischen Texten zu erzeugen, indem sie Erwartungen und/oder Strukturen unterbrechen, stören oder aufheben und zugleich den Text als ein präsentisches Geschehen inszenieren. Im Unterschied zur älteren Diskussion um den Ereignisbegriff (H.R. Jauß und die Poetik und Hermeneutik-Gruppe) soll die Ebene der Programme und Praktiken verstärkt in den Blick genommen werden. In diachroner Perspektive kann zudem die geschichtsbildende Funktion ereignishafter Texte aufgezeigt werden. Dabei soll gezeigt werden, wie durch das Ereignis des Erwartungs- und Strukturbruchs ältere literarhistorische Formationen distanziert und zugleich neue Erwartungen/Strukturen dadurch geschaffen werden, dass an das textuelle Ereignis positiv (z.B. durch Nachahmungen) oder negativ (z.B. durch Parodien) angeschlossen wird.

Organisation:

Dr. Uwe Lindemann (Ruhr-Universität Bochum, Sektion Komparatistik)
PD Dr. Peter Goßens (Ruhr-Universität Bochum, Sektion Komparatistik)
Prof. Dr. Winfried Eckel (Universität Mainz, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)